ASS (Aspirin®) in der Schwangerschaft

Von Prof. Trobisch

UAW-Datenbank / Literaturfall

Pränataler Verschluss des fetalen Ductus Arteriosus – ausgelöst durch Schmerzmedikation während der Schwangerschaft?

Schiessl, Schneider, Zimmermann, Kainer, Friese, Oberhoffer; Geburtshilfe Neonatol
April 2005; 209(2):65-8

Zusammenfassung

Der physiologische fetale Kreislauf benötigt die Durchgängigkeit des Ductus Arteriosus.

Mit fortschreitender Schwangerschaft lässt die Empfindlichkeit des Ductus Arteriosus, durch Prostaglandine gedehnt zu werden, nach. Die Anfälligkeit für Reaktionen auf verengende Wirkstoffe wie z. B. PGE-Synthase-Hemmer, die in vielen Analgetika vorhanden sind, nimmt dabei zu.

Föten, die von einem pränatalen Verschluss des Ductus Arteriosus Botalli betroffen sind, können verschiedene Anzeichen von Herzinsuffizienz zeigen. Es kann zu einem erweiterten rechten Ventrikel und auch zu einer Trikuspidalklappeninsuffizienz kommen. Bei der Doppler-Ultraschall-Untersuchung lassen sich krankhafte Veränderungen im venösen System nachweisen.

Nachfolgend berichten wir von vier Fällen, in denen bei Föten ein pränataler Verschluss des Ductus Arteriosus in der 34sten, 35sten, 36sten und 37sten Schwangerschaftswoche auftrat.

Bei diesen Föten wurden durch routinemäßige Echo-Scans während der Schwangerschaft unerklärliche Zeichen einer Dekompensation des rechten Herzens festgestellt.

Zur weiterführenden Diagnostik erfolgte eine Überweisung zur fetalen Echokardiologie.
Drei dieser Patientinnen wurden während der Schwangerschaft entweder mit Aspirin (niedrig dosiert), Metamizol oder Ibuprofen behandelt.

Eine Patientin nahm keinerlei Medikamente während der Schwangerschaft, insbesondere keine Schmerzmittel.

In allen vier Fällen wurde sofort nach der Diagnosestellung die Geburt eingeleitet.
Die Neugeborenen waren insgesamt in einem guten Zustand.

Das Echokardiogramm zeigte unterschiedliche Grade von Hypertrophie des rechten Herzens. Diese verschwand bei drei Neugeborenen im Alter von bis zu 3 Monaten. Nur im zweiten Fall (Geburt in der 35sten SW) bildete sich die Hypertrophie nicht zurück.

Unerklärliches fetales Rechtsherzversagen erfordert eine detaillierte echokardiologische Untersuchung des Ductus Arteriosus und eine ausführliche Anamnese in Bezug auf die Einnahme von Analgetika während der Schwangerschaft.

Im Gegensatz zu Ibuprofen und hochdosiertem Aspirin wurden Metamizol und niedrig dosiertes Aspirin bisher nicht als Wirkstoffe gemeldet, die einen Verschluss des fetalen Aortengangs auslösen können.
Im Verdachtsfall kann eine vorzeitige Geburt, wie in unseren Fällen, das Leben des Ungeborenen retten.
Jede Anwendung von nicht-steroidalen entzündungshemmenden Mitteln während der Schwangerschaft erfordert – aufgrund der potentiell lebensbedrohlichen Wirkung – genaue Beobachtung des Embryos.


Literatur

Auswirkungen von niedrig dosiertem Aspirin auf die Gebärmutter und den fetalen Blutfluss während der Schwangerschaft: Ergebnisse einer randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblinduntersuchung

Grab, Paulus, Erdmann, Terinde, Oberhoffer, Lang, Muche, Kreienberg; Ultrasound Obstet Gynecol
Januar 2000 Jan; 15(1):19-27

Zusammenfassung

Ziel:
Diese Studie wurde durchgeführt, um die uteroplazentare und fetale Hämodynamik bei Föten auszuwerten, die niedrig dosiertem Aspirin (100 mg/Tag) ausgesetzt sind.

Ausführung:
Randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblinduntersuchung.

Testpersonen:
Der Prüfplan der Studie schloss Einlingsschwangerschaften von weniger als 20 Schwangerschaftswochen mit einem Risiko für Präeklampsie oder fetaler Wachstumseinschränkung ein. Ausschlusskriterien waren Diabetes mellitus, bereits bestehender proteinurischer Bluthochdruck oder Missbildungen des Fötus.
43 schwangeren Frauen wurde nach dem Zufallsprinzip eine tägliche Behandlung mit 100 mg Aspirin (n=22) oder mit einem Plazebo (n=21) zugeteilt.

Methoden:
Gepulster-Doppler-Messungen der Arteria uterina, der fetalen Arteria cerebri media (mittleren Hirnarterie), der fetalen Aorta, des Ductus Arteriosus und der Atrioventrikularklappen (Segelklappen).
Diese Untersuchungen wurden ab der 18. Schwangerschaftswoche alle 14 Tage bis zur Geburt durchgeführt.
Die Ergebnisse wurden als Gruppenmittelwert (Aspirin vs. Plazebo) dargestellt und mit dem Mann-Whitney U-Test ausgewertet.

Ergebnisse:

Es gab den Blutfluss in der Gebärmutter, der Nabelschnur, der Aorta, der mittleren Hirnarterie und dem Ductus Arteriosus betreffend zwischen der Aspirin- und der Kontrollgruppe keinen Unterschied.

Der Mittelwert der Ductus-Spitzenfließgeschwindigkeiten erhöhte sich mit zunehmender Schwangerschaftswoche in beiden Gruppen. Der Unterschiede zwischen den Gruppen erreichte jedoch keine Signifikanz. Im dritten Trimester der Schwangerschaft wurden in beiden Gruppen zeitweise Spitzengeschwindigkeiten > 140 cm/s beobachtet.

Allerdings traten nie enddiastolische Geschwindigkeiten > 35 cm/s oder eine Atrioventrikularklappeninsuffizienz auf.

Schlussfolgerungen:

Die tägliche Gabe von niedrig dosiertem Aspirin während des zweiten und dritten Trimesters einer Schwangerschaft verändert die uteroplazentare oder fetoplazentare Hämodynamik nicht. Ebenso verursacht sie keine mittelschwere oder schwere Verengung des Ductus Arteriosus.

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